Organisatoren:
Zweibrücker Industriekultur e.V.
Historischer Verein
Zweibrücken e.V.
Industrie. Kultur. Geschichte.
Mit der Flucht des Herzogs vor den französischen Revolutionstruppen 1793 verlor Zweibrücken den Charakter einer Fürstenstadt. Der Anschluss an Frankreich mit seinem einheitlichen Zollgebiet stärkte das handeltreibende Bürgertum. Aber die Aufhebung der feudalen Bindungen und des Zunftzwanges führte auch zu einer Verarmung großer Bevölkerungsteile. Während in der vormodernen Zeit nur der eine Familie gründen durfte, der auch eine Hof- oder Meisterstelle nachweisen konnte, stand es nun jedem frei zu heiraten. Dadurch wuchs die Bevölkerung rasch an. Viele Familien verarmten und konnten sich nur durch die Auswanderung vor dem Verhungern retten.
Mit dem Untergang Napoleons und dem Anschluss an das Königreich Bayern 1816 fand man sich in der wirtschaftsfeindlichen Kleinstaaterei des Deutschen Bundes wieder. Selbst zu Altbayern gab es keine Landverbindung. Erst mit der Gründung des Deutschen Zollvereins 1834 lohnte es sich, die Produktion und ihren Absatz überregional auszudehnen. Mutige, einfallsreiche Persönlichkeiten blickten nun über den Tellerrand ihrer Heimatstadt nach England und entwickelten mit neuen Technologien die Werkstätten ihrer Väter zu Industriebetrieben weiter.
Die Entwicklung Zweibrückens von der inzwischen fast verdorften Ackerbürgerstadt zu einem industriellen Zentrum begann.
So war Zweibrücken bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der Industrialisierung geprägt. In dieser Zeit gründeten sich bedeutende Unternehmen aus den Branchen der eisenverarbeitenden Industrie und dem Maschinenbau in der Stadt, später prägten auch Schuhfabriken, Webereien und
Brauereien die Wirtschaftsstruktur Zweibrückens. Im Gegensatz zu den letztgenannten Industriezweigen, deren Bedeutung im Laufe des 20. Jahrhunderts kontinuierlich abnahm, haben Betriebe aus dem Bereich Metallverarbeitung und Maschinenbau nach wie vor einen hohen Stellenwert.
Fotos und Teile des Textes von: https://www.zweibruecker-industriekultur.de
Der Dingler’sche Windkanal: Im Bau gegen Ende des 2. Weltkrieges in der Gemeinde Haiming bei Innsbruck, Österreich, Quelle: Archiv des Deutsches Zentrums für Luft- und Raumfahrt / Göttingen (Rechteinhaber nicht bekannt)
Die industrielle Entwicklung und der rasante Aufstieg des Maschinenbaus in Zweibrücken im 19. Jahrhundert lassen sich vor allem auf folgende Faktoren zurückführen:
Gründung und Rolle der Dinglerwerke
Ein zentraler Auslöser war die Gründung der Dingler’schen Maschinenfabrik im Jahr 1827 durch Christian Dingler. Diese Fabrik wuchs im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu einem bedeutenden Maschinenbauunternehmen heran, das maßgeblich die wirtschaftliche Struktur Zweibrückens prägte. Die Dinglerwerke spezialisierten sich unter anderem auf Turbinen und Kräne und beschäftigen sich zudem mit verschiedenen Bereichen der Metallverarbeitung. Christian Dingler war zudem an weiteren industriellen Projekten beteiligt, was die Vernetzung und den Ausbau der Industrie vor Ort förderte
Vorteil durch Eisenbahnanbindung ab 1857
Ein weiterer wichtiger Faktor war die Anbindung Zweibrückens an das Eisenbahnnetz im Jahr 1857. Durch die Eisenbahn konnten schwere Güter und Maschinen leichter und schneller transportiert werden, was den Absatz der Fabrikprodukte deutlich erleichterte. Der Bahnhof wurde direkt neben dem Werksgelände der Dinglerwerke errichtet, was die Logistik maßgeblich verbesserte. Diese bessere Infrastruktur führte zu einer Steigerung der Produktionszahlen und lockte weitere Firmen und Zulieferer an.
Regionale Ressourcen und industrielle Pionierarbeit
Die Region verfügte über günstige Voraussetzungen für die Metallverarbeitung, wie vorhandene eisenhaltige Gesteine, Wasserkraft sowie Holz als Ressource. Diese natürlichen Bedingungen ermöglichten schon früh eine metallverarbeitende Industrie. Gleichzeitig gab es in der Westpfalz, zu der Zweibrücken gehört, Pioniere im Maschinenbau, die technische Innovationen vorantrieben und so das industrielle Wachstum beschleunigten.
Übergang von dörflicher Kleinstadt zur Industriestadt
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Zweibrücken größtenteils eine ins ländlich-dörfliche abgedriftete Kleinstadt. Die Gründung großer Industriebetriebe, insbesondere im Bereich Maschinenbau und Stahlverarbeitung, veränderten die Wirtschaftsstruktur grundlegend und machten Zweibrücken zu einem prosperierenden Wirtschaftsstandort. Die industrielle Entwicklung wurde zudem durch die wachsende Bevölkerung, neue Wohnviertel (ab 20. Jahrhundert) und kulturelle Angebote begleitet, was einen stabilen sozialen und ökonomischen Hintergrund schuf.
Zu ausgewählten Persönlichkeiten und Unternehmen
(ausgewählte Fotos und Texte von: https://zweibruecker-industriekultur.de)
Wichtige tiefgreifende Eigentümer- und Produktionswechsel haben dann die Nachkriegszeit geprägt (nicht alle Änderungen sind genannt): Demag AG (1954), Mannesmann-Demag (1974), Terex (2002) und Tadano DEMAG (2019, heute nur noch Tadano). In den letzten beiden Jahrzehnten ist eine hochgradige Spezialisierung auf die verschiedensten Krantypen erfolgt.
Das von ihm gegründete Werk besteht also bis heute als Teil des Unternehmens Tadano fort.
Christian Dingler, ab 1827 Eigentümer einer bald zu einem kleinen Fabrikationsbetrieb gewordenen Schlosserei in der Innenstadt, erwarb 1833 das Gelände eines Gutshofs, des. sog. Schönhofs, gelegen auf dem südexponierten Hang des Fahrenbergs. Hier begann er nach der Errichtung einer Gießerei Anfang der 1840er Jahre auch mit dem Bau von Dampfmaschinen und erweiterte das Fabrikgelände in den kommenden Jahrzehnten auch nach Norden und auf das Gelände südlich des Fahrenbergs. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Produktionspalette wesentlich erweitert, nicht zuletzt durch den Anlagenbau in Europa und Übersee.
Es erfolgte die Produktion von Öl- und Schneidemühlen, Buchdruckerpressen und später auch Dampfmaschinen und Dampfkessel. Seine „Zweibrücker Presse“ war ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Maschinenbaus.
In den Dinglerwerken arbeitete Wilhelm Bauer (1822 – 1875) an den Konstruktionsplänen des ersten manövrierfähigen U-Boots der Welt.
Sebastian Wilhelm Valentin Bauer (* 23. Dezember 1822 in Dillingen an der Donau; † 20. Juni 1875 in München) war ein deutscher Erfinder, der 1850 das erste moderne Unterseeboot nach seinen Plänen in Kiel erbauen ließ und 1851 am Tauchversuch teilnahm. Das zunächst funktionsfähige Tauchboot, der „Brandtaucher“, sank jedoch bei der Probefahrt 1851 in Kiel und geriet trotz mehrfacher Bergungsversuche in Vergessenheit.
Im November 2011 übernahm die Stadt Zweibrücken die Schiffspatenschaft für ein U 35 der Deutschen Marine.
Die Dinglerwerke Aktiengesellschaft Zweibrücken hatte die Schleusentore zum Wilhelmshavener Marinehafen und Dampfkessel für Schiffe der Deutschen Marine gebaut.
Hermann Anschütz-Kaempfe (1872 – 1931), der Entwickler des Kreiselkompasses, kam in Zweibrücken (Ixheim) zur Welt.
Nach Beendigung seines Studiums und einigen Reisen ins Mittelmeergebiet und in die Arktis ließ Anschütz-Kaempfe sich in Wien nieder und betätigte sich als Erfinder. Er beschäftigte sich intensiv mit dem Plan, im U-Boot den Nordpol zu erreichen. Dazu war die damalige Navigationstechnik jedoch noch nicht genügend entwickelt. Anschütz-Kaempfe machte dazu wichtige technische Erfindungen und konstruierte (bereits 1902 als Modell) 1907 den ersten Einkreiselkompass, der erstmals 1908 auf dem deutschen Linienschiff Deutschland verwendet wurde. Zuverlässiger arbeitete aber der 1912 von ihm gebaute Mehrkreiselkompass, der auf dem deutschen Schlachtkreuzer Moltke erprobt wurde. Im Jahr 1913 erfolgte der erste Einsatz auf einem Handelsschiff, dem deutschen Passagierschiff Imperator.
Ein weiterer wichtiger Pionier war Christian Wery, der eine Werkstätte für Landmaschinen gründete und damit den Grundstein für die Landmaschinen-Industrie in Zweibrücken legte (Maschinenfabrik Chr. Wery, 1863-1931).
Christian Wery begann 1863 mit einer kleinen Schlosserwerkstatt in der Wallstraße und zog bald auf den noch heute bestehenden Standort in der Kaiserstraße um. Produziert wurden kleinere Erntemaschinen und Feuerspritzen. Ein kräftiges Wachstum führte 1884 zu einer Erweiterung zur Maschinenfabrik in der Schillerstraße, wo dann schnell die Produktionspalette auf kompliziertere Erntemaschinen ausgedehnt wurde, etwa Getreidemäher und Getreide-Mäh-Binder. Bald hatte die Firma eine internationale Reputation mit einem erheblichen Exportvolumen. Nach dem Ersten Weltkrieg führten finanzielle Schwierigkeiten 1919 zur Übernahme zunächst eines Teils, 1931 dann sämtlicher Firmenaktien durch die Fa. Lanz AG (Mannheim).
Der Betrieb wurde umbenannt in Lanz AG Mannheim, Zweibrücker Betrieb. Er wurde auf Grundstücken der Firma an der Homburger Straße kräftig erweitert und modernisiert. In der frühen Nachkriegszeit, und teilweise bedingt durch beträchtliche Kriegsschäden, verschlechterte sich die Ertragslage so sehr, dass eine komplette Übernahme durch einen der Weltmarktführer von Landmaschinen erfolgte, die John Deere Company aus / Grand Detour, Illinois, USA. Die deutschen Zweigwerke einschl. Zweibrücken, firmieren seit 2012 unter der Bezeichnung John Deere GmbH & Co. KG. Das Zweibrücker Werk ist seit langem komplett an die Homburger Straße verlegt. Immer noch sind aber im Kerngebiet einige Objekte aus der Wery- und Lanz-Zeit vorhanden. Die heutige Firma Ludwig-Wery GmbH Maschinenbau (neu gegründet 1925, heute unter anderem Eigentümer) nimmt wieder den ursprünglichen Standort des Gründers in der Kaiserstraße ein. Sie ist heute auf die Produktion von Aufarbeitungs-/Recyclingmaschinen konzentriert, etwa im Bereich von Ziegeln oder Schamottesteinen.
Die Müller und Mühlenbauer der frühen Pallmann Generationen waren bekannt für ihre Produktentwicklungen und Erfindungen. Zur Zeit der Hugenotten-Verfolgung aus Belgien ausgewandert kamen die „Pallmänner“ im 16. Jahrhundert als Müller in die Pfalz. In Landstuhl bei Kaiserslautern betrieb man die Felsenmühle. Bereits 1889 auf der Pariser Weltausstellung präsentierte der Müller Ludwig Pallmann seinen patentierten Unterläufermahlgang. Durch diese Erfindung konnten erstmalig empfindliche Naturprodukte schonend vermahlen werden. Die neue Technologie fand in ganz Europa reißenden Absatz.
Im Jahr 1903 zog die Firma nach Zweibrücken um und begann zusätzlich zur Stadt-Mühle (ursprünglich gegenüber des Schlosses an der heutigen Mühlstraße gelegen, hieraus haben sich die Pallmann Mahlwerke entwickelt) eine Maschinenfertigung (ursprünglich im Bereich der heutigen Hallplatz-Gallerie gelegen, heute in der Wolfslochstraße als Pallmann Zerkleinerungstechnik ansässig) .
Der gleichnamige Sohn, der Müller Ludwig Pallmann, entwickelte im Jahre 1932 die weltberühmte „Original Pallmann“ Pralltellermühle. Mit dieser einzigartigen Technologie wurde in den 50-iger Jahren des letzten Jahrtausends die Feinmahlung von temperaturempfindlichen Kunststoffen unter Normaltemperatur ermöglicht. Der Müller und Erfinder Wilhelm Pallmann entwickelte in den 60-iger Jahren die Feinmahlung von Kunststoffen mittels Tiefkühlung bei -196°C. Seit Anfang 2022, nun in der 8-ten Generation , treibt Jan Pallmann die Geschäfte voran.
Quelle: https://pallmann-mahlwerke.de/pallmann/
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